Vor gut zwei Wochen hatte ich Sie gefragt, was wir von der neuen Regierung für das Interim Management fordern sollten. An der Umfrage dazu haben sich 117 Interim Managerinnen und Interim Manager beteiligt. Dazu vorab ein dickes Dankeschön.
Die wichtigsten Ergebnisse kurz zusammengefasst:
-
Die große Mehrheit der Teilnehmenden in dieser Umfrage fühlt sich durch die aktuellen Regelungen zur Scheinselbstständigkeit beeinträchtigt – und einige Interim Manager haben sogar Mandate verloren.
-
Fast die Hälfte der Teilnehmenden wäre sogar bereit, einen Nachweis über eine privat organisierte soziale Absicherung zu erbringen, wenn sie damit die Probleme um die Scheinselbstständigkeit ad acta legen könnten.
Beim Formulieren der Umfrage war mir bereits klar, dass Scheinselbstständigkeit ein heißes Eisen sein könnte. Das Ausmaß der Auswirkungen hat mich aber doch überrascht: 73 Prozent der Teilnehmenden geben an, dass die aktuellen Regeln die Erfolgschancen einschränken – oder sogar Anlass dazu geben, die Tätigkeit im Interim Management einzustellen (9,6 Prozent).
Unklare Regelungen führen zu Verlust oder Abbruch von Mandaten
Offenbar kosten die Unklarheiten im Zusammenhang mit der Scheinselbstständigkeit auch mehr Mandate, als ich angenommen hatte: In der Umfrage geben 43 Prozent an, in den vergangenen 12 Monaten wenigstens 1 Mandat wegen dieser Problematik verloren oder abgebrochen zu haben. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Problematik der Scheinselbstständigkeit die Arbeit von Interim Managerinnen und Interim Managern in Unternehmen erschwert. Das bestätigen auch Kommentare in der Umfrage. Ein Beispiel: Ein Interim Manager schreibt, er könne wegen der rechtlichen Bedenken während des Mandats nicht offiziell im SAP-System geführt werden. Das „führt zu teilweise skurrilen Bypass-Prozessen, um einen legalen Einsatz abzubilden. Alle digitalen Prozesse (laufen) über eine Assistentin - unnötige, ineffektive Doppelarbeit, um einen Schein zu wahren“.
Klarer Wunsch nach transparenter Regelung zur Scheinselbstständigkeit
Kein Wunder also, dass 87 Prozent fordern, die Regeln zur Selbstständigkeit neu zu formulieren. Dazu hatte ich einen noch zu definierenden Nachweis über die soziale Absicherung, insbesondere im Alter, vorgeschlagen. Und bin überrascht, wie hoch dieser Testballon geflogen ist: Nur 20 Prozent der Befragten lehnen einen solchen „Sozialversicherungsnachweis“ kategorisch ab. Die Mehrheit (55 Prozent) wäre bereit dazu, wenn damit alle Fragen zur Scheinselbstständigkeit vom Tisch wären und die Freiheit als Selbstständige gewahrt bliebe (47 Prozent).
Bereitschaft und Skepsis beim Thema soziale Absicherung für Selbstständige
Die Spannbreite der Meinungen zu dieser Frage ist groß. Ein Interim Manager ist überzeugt: „Die Nachfrage nach Interim Management würde steigen, wenn die Thematik der Scheinselbstständigkeit eindeutiger und liberaler geregelt wäre.“
Andere schränken ein: „Ich bin vor allem deshalb als IM selbstständig, weil ich über meine soziale Sicherung frei entscheiden möchte.“ Zudem klingt in Statements eine meiner Meinung nach nachvollziehbare Skepsis gegenüber gesetzlichen Regelungen durch: „Die Entscheidung, selbstständig tätig zu sein, ist eng verbunden mit einer stark ausgeprägten Selbstbestimmung. Der Staat hat sich in vielen Themen gerade nicht als guter Manager hervorgetan, im Gegenteil.“ Ein anderer IM möchte erst einmal mehr wissen: „Im ersten Schritt fehlt ein klarer Kriterienkatalog zur Einstufung.“
Nachweise könnten Interim Management vom Vorwurf der Scheinselbstständigkeit entkoppeln
Um meine Meinung zu einer Selbstständigen-Versicherung zu konkretisieren: Unsere Sozialsysteme stützen sich auf uns als Solidargemeinschaft. Deshalb sollte es auch im Interesse aller sein, den Sozialstaat nicht zu hintergehen. Daher ist es auch richtig, dass Freiberuflichkeit nicht dazu führen darf, dass Selbstständige sich aus der Solidargemeinschaft ausklinken. Mein Vorschlag: Wir verständigen uns darauf, dass Selbstständige Vermögens- oder Versicherungsnachweise erbringen, die deren soziale Absicherung sicherstellen – um sich so verbindlich vom Vorwurf der Scheinselbstständigkeit zu entkoppeln. Damit hätte unsere Berufsgruppe genau die Planungssicherheit, die sich Interim Manager und die Kunden der Interim Manager wünschen. Und der Staat hätte die Gewissheit, dass seine Sozialsysteme nicht hintergangen werden.
Ich hatte Ihnen versprochen, Ihre Forderungen mit in unsere Berufsverbände zu nehmen. Dieses Versprechen werde ich halten – und sie auf dem Laufenden.
Update aus dem Ampel-Koalitionsvertrag:
Am Mittwoch hat die Ampel ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Darin heißt es: „Wir werden für alle neuen Selbstständigen, die keinem obligatorischen Alterssicherungssystem unterliegen, eine Pflicht zur Altersvorsorge mit Wahlfreiheit einführen.“ Der Bund Deutscher Unternehmensberater, einer unserer Berufsverbände, kommentiert: „Das entspricht der Position des BDU.“ Ich begrüße das – und werde mich weiter dafür einsetzen, dass dieses Absicherungsinstrument als Schlüssel zur Beendigung der leidigen Debatte um die Scheinselbstständigkeit eingesetzt wird.
Für die Grafik zu den Umfrageergebnissen - klicken Sie hier.