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Wie kann man bei internationalen M&A-Transaktionen die HR-Risiken reduzieren?

M&A-Transaktionen können Synergien erzeugen – oder sich als teurer Fehler erweisen. Die Kulturen der beteiligten Unternehmen spielen dabei eine herausragende Rolle, zumal bei internationalen Übernahmen. Doch die Identifizierung der Kernwerte ist nur der erste Schritt.

Wie reduziert man die HR-Risiken einer internationalen M&A-Transaktion?

M&A-Spezialisten und -Analysten sind sich einig: Eins der größten Risiken einer Übernahme oder Fusion besteht darin, dass die Kulturen der involvierten Firmen unvereinbar sind.

Tatsächlich ist der Einfluss der Unternehmenskulturen auf den Integrationsprozess so groß, dass bei einer Unvereinbarkeit die erhofften Synergieeffekte hinter den Erwartungen zurückbleiben oder ganz ausfallen können – was den Mehrwert des Mergers zunichtemachen würde.

Bei der Entwicklung eines Harmonisierungsplans gehe ich in der Regel folgendermaßen vor:

1. Noch während der Due Diligence die kulturelle Werte des Zielunternehmens identifizieren

Die Firmenkultur des Zielunternehmens schon während der frühen Due Diligence-Phase zu ermitteln, ist von immenser Bedeutung.

Anhaltspunkte für eine Analyse können dabei u.a. öffentliche Äußerungen über

  • die Firmenwerte und
  • die Arbeitergebermarke (Employer Value Proposition)

sein. Hinzu kommen interne Daten, etwa

  • quantitative Mitarbeiterdaten zur Alters- und Betriebszugehörigkeitsverteilung oder Diversität neben
  • qualitative Angaben aus Mitarbeiterzufriedenheitsstudien.

Im weiteren Due Diligence-Prozess sollten auch unbedingt

  • persönliche Interviews

genutzt werden, um Näheres über die gelebten Kernwerte in Erfahrung zu bringen – und mögliche HR-Herausforderungen schon hier vorwegzunehmen.

2. Den möglichen Grad kultureller Übereinstimmung einschätzen

Wie bereits oben erwähnt:

Ist die kulturelle Dissonanz zwischen Käufer und Zielunternehmen zu groß, läuft man Gefahr, eines der Hauptziele von M&A-Aktivitäten, der Erzeugung von Synergien, zu verfehlen. Die Übernahme bzw. Fusion würde dadurch zu einem kostspieligen Abenteuer, mit allen Schäden nicht nur für die eigene Bilanz, sondern auch für die Reputation bei PE-Investoren und/ oder an der Börse.

Die HR-Evaluation aus der Due Diligence-Phase sollte daher Teil der Kauf- bzw. Fusionsentscheidung sein, aber nicht nur hinsichtlich der realen und potenziellen Personalkosten, also z.B. einzugehende Pensionsverpflichtungen. Die HR-Evaluation des kulturellen Matches der involvierten Firmen ist eindeutig wichtiger.

Dieser ist – oder sollte – ausschlaggebend sein: Ist die Diskrepanz zu stark, sollte von der Fusion ganz abgesehen werden.

3. Eine differenzierte Talent Retention-Strategie entwickeln

Für eine erfolgreiche Übernahme und Post-Merger-Integration ist es von wesentlichem Belang, dass die Schlüsselpersonen der Zielfirma nicht (frühzeitig) abwandern. Sind doch Schlüsselmitarbeiter, die die Fusion motiviert und tatkräftig unterstützen, für den Integrationsprozess von immensem Wert. Soweit deren „Cultural Fit“ dies zulässt, sollte man deshalb alles daransetzen, sie zu halten.

Wie Towers Watson (inzwischen Willis Towers Watson) in ihrer Studie aus dem Jahr 2012 nachweisen, ist hierfür

  • erstens eine durchdachte Taktik nötig, die
  • zweitens desto erfolgreicher ist, je früher man im M&A-Prozess mit der Identifizierung der „Key Talents

beginnt.

Das heißt: Die Identifizierung der „Key Talents“ sollte bereits in der Due Diligence ein Fokus der HR-Evaluation sein.

Sobald klar ist, wer diese Primi inter pares sind, sollte der Käufer mit der Planung auf den einzelnen Mitarbeiter zugeschnittener Maßnahmen beginnen, um den Mitarbeiter nicht nur zu halten: Entscheidend für den Erfolg des Integrationsprozess wird es sein, diese Personen in den Integrationsprozess einzubinden.

Falls es sich bei der (geplanten) Transaktion um eine globale Übernahme oder Fusion handelt, spielen hier auch regionale Unterschiede eine Rolle. Zu denken wäre bspw. an die unterschiedlichen Erwartungen an eine eventuelle Bonuszahlung in Nordamerika, Europa und Asien.

4. Den angestrebten Grad der Harmonisierung definieren

Die Firmenstrategie sowie das Produkt- bzw. Serviceportfolio werden das Maß der Zentralisierung und Harmonisierung bestimmen, das im Übrigen je nach Abteilung oder Prozess unterschiedlich ausfallen kann.

Gerade deshalb ist es wichtig, sich mit den Management-Teams beider Firmen auf die eigentlichen M&A-Transaktions- und Firmenziele zu einigen – diese Ziele also mitsamt der Gründe, die für sie sprechen, herauszuarbeiten und explizit festzuhalten, im Allgemeinen wie im Spezifischen.

Typische Fragen sind hier z.B.:

  • Auf welche Aspekte wird der Fokus der Integration gelegt?
  • Wie sieht der Zeitrahmen aus?
  • Welche Firmenwerte und Kompetenzen sollen nachhaltig entwickelt, verändert oder gestärkt werden?

und natürlich:

  • Welches Budget steht zur Verfügung?

5. Eine Ist-Soll-Analyse und Umsetzungsplanung durchführen

Sobald die Schwerpunkte und Ziele gesetzt sind, beginnt die Detail(gap)analyse und, daran anschließend, die Umsetzungsplanung.

Spätestens in dieser Phase sollte man sich zum einen intensiv und auf allen Ebenen mit den jeweiligen Fachexperten des Betriebes austauschen. Zum anderen sollte man die Nähe zu eventuell vorhandenen Mitarbeitervertretungen.

Es ist auch vorteilhaft, die identifizierten „Key People“ des Zielunternehmens nicht nur als Fachberater zu konsultieren. Wenn möglich, sollte man ihnen die Verantwortung für spezifische Veränderungsprojekte übertragen, ggf. zusammen mit den Fachkollegen der Käuferseite.

Ein wesentliches Risiko dieser Phase ist die Vernachlässigung

  • landestypischer,
  • kultureller und
  • firmenspezifischer

Eigenheiten – was zu Unruhe unter den Mitarbeitern, Widerständen und schließlich Zielverfehlungen führen kann.

Jede Planung sollte daher schon in der Konzeptions- und Ausführungsphase der Integration die vorhandenen Gegebenheiten – auch und gerade die unausgesprochenen – sorgfältig berücksichtigen.

6. Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation!

Für jedes Veränderungs- und damit auch Integrationsprojekt gilt: Man kann nicht zu viel kommunizieren!

Ein vielschichtiger Kommunikationsplan mit vielen Kontaktmomenten und abgestuften Adressaten (alle Mitarbeiter/alle Manager/Abteilung) ist daher unabdingbar. Hierin sollten

  • die Veränderungsziele erläutert und begründet,
  • Erfolge gefeiert und
  • Fortschritte aufgezeigt werden.

Neben diesen sachlichen Nachrichten gilt es aber ebenso, nach der M&A-Transaktion die Herzen zu gewinnen. Die Mitarbeiter sollen ja anfangen, sich mit der neuen Firma und ihren Kernwerten zu identifizieren.

Dabei sollte man aber vermeiden, zu sehr auf Effizienz zu setzen: Zeigt der CEO Interesse an den lokalen Besonderheiten, und nimmt er sich die Zeit, um mit Mitarbeitern vor Ort zu reden – so erreicht das wesentlich mehr Bereitschaft für den Veränderungsprozess als jede durchstrukturierte Video-Präsentation.

Fazit: So reduzieren Sie HR-Risiken bei M&A-Aktivitäten

Ein Harmonisierungsplan reduziert das Risiko, dass eine Fusion oder Übernahme am Ende doch noch scheitert – falls sich nämlich die kulturellen Unterschiede als zu groß erweisen sollten.

Ausgangspunkt der Planungen ist stets eine differenzierte Analyse der jeweiligen Unternehmenskulturen. In den Blick kommen dabei u.a. öffentlich vertretene Firmenwerte und die Employer Value Proposition, eine wichtige Rollen spielen aber auch Daten zur Personalstruktur, persönliche Interviews u.Ä.m.

Die HR-Evaluation des kulturellen Matches sollte dabei noch vor der finalen Fusions- bzw. Kaufentscheidung vorliegt.

Die wichtigsten Punkte

  • Die kulturellen Werte des Zielunternehmens sollten bereits in der Due Diligence identifizieren werden.
  • Man sollte noch vor der Kauf- bzw. Fusionsentscheidung beurteilen, inwieweit die Unternehmenskulturen harmonisiert werden können.
  • Um Key People des Zielunternehmens zu halten, braucht man eine individualisierte Talent Retention-Strategie.
  • Der Grad der Harmonisierung sollte auf Basis der Unternehmens- und Transaktionszielen definiert werden.
  • Bei der Maßnahmenplanung sollte man auch regionale Aspekte berücksichtigen
  • Kommunikation ist alles!