Sozialplan und Transfergesellschaft im Mittelstand
Personalabbau | Transfergesellschaft | Eingliederungsmanagement | Fehlzeiten
Das Projekt in Stichworten:
- Personalabbau durch Interessenausgleich mit Namensliste
- Eingliederungsmanagement entwickelt und Fehlzeiten reduziert
- Gründung einer Transfergesellschaft und kommunikative Begleitung
- Transfergesellschaft und Gehaltsreduzierung retten das Unternehmen
In einem mittelständischen Unternehmen der Elektroindustrie war der Umsatz um mehr als 60 Prozent eingebrochen. Die HR Interim Managerin wurde als Head of Human Resources beauftragt, die Belegschaft des durch mehrere Abbauwellen bereits geschwächten Unternehmens (350 Mitarbeiter) um weitere 170 Full Time Equivalents zu reduzieren. Damit wollte das Unternehmen die Voraussetzung für eine strategische Wende schaffen – hin zu einem Anbieter in höherwertigen Produktbereichen.
Die Geschäftsleitung legte großen Wert darauf, dass Leistungsträger gehalten werden. Zudem waren externe Kosten für Restrukturierungskonzepte oder Kosten für Abfindungen zu vermeiden. Ferner galt es, den Widerstand der Führungskräfte und des Betriebsrates gegen den Personalabbau zu lösen. All dies sollte in einem Prozess durch Wertschätzung erarbeitet werden, um das Betriebsklima nicht weiter zu belasten. Dabei war insbesondere auch der Blick auf die Führung des Teams Human Resources mit vier Mitarbeitenden von hoher Bedeutung.
Personalabbau durch Interessenausgleich mit Namensliste
Das adäquate arbeitsrechtliche Mittel war schnell deutlich: Interessensausgleich mit Namensliste. Da die Namensliste nicht durch hohe Abfindungen vom Betriebsrat „erkauft“ werden konnte, galt es, einen anderen Weg der Überzeugung zu finden. Das Gesamtkonzept der Interim Managerin basierte auf dem Grundgedanken der Organisationsentwicklung und der maximalen Partizipation aller Beteiligten. Es umfasste folgende Kernelemente:
- Aktivierung von internem Know-how über die Organisation
- Übertragung von Mitverantwortung im Prozess auf Führungskräfte und Betriebsrat
- Fortwährende hohe Dichte von Kommunikation als Ausdruck von Transparenz und Wertschätzung für die Mitarbeit und Mitgestaltung der neuen Ausrichtung.
Die Umsetzung der Gesamtkonzeption umfasste folgende Hauptmaßnahmenpakete:
- Beteiligungsanalyse und Erarbeitung sowie Steuerung eines Projektplans zur Umsetzung inkl. der Erarbeitung aller Arbeitspakete und Ablaufplanung (Erarbeitung und rechtliche Prüfung des Interessensausgleiches und Sozialplans, Präsentation und fortlaufende Überarbeitung gemeinsam mit durch den Betriebsrat bereitgestellten Experten, Verhandlungsführung, Erstellung von Schriftstücken etc.).
- Prozessreviews und Entwicklung des Sanierungskonzeptes durch die Interim Managerin, gemeinsam mit dem Führungskreis und der Geschäftsführung in Gesprächs- und Meetingrunden.
Eingliederungsmanagement entwickelt und Fehlzeiten reduziert
Bei der flankierenden Analysen der Fehlzeiten, der Gehaltsstruktur und der Betriebsvereinbarungen identifizierte die Interim Managerin weitere Handlungsnotwendigkeiten. Sie entwickelte ein betriebliches Eingliederungsmanagement als Grundlage für das Gespräch mit Führungskräften und Mitarbeitern. Im Ergebnis sanken die Fehlzeiten im Produktionsbereich erstmals auf weniger als 3 Prozent.
Die Analyse der Gehaltsstruktur sowie der arbeitsrechtlichen Bedingungen ergab, dass eine kollektivrechtliche Lösung im notwendigen Zeitraum nicht möglich war. So entwickelte die Interim Managerin eine Systematik, die auf einer übergreifenden Gehaltsreduzierung mit bis zu 25 Prozent und freiwilligen, individuellen Vereinbarungen beruhte. Etwa 40 Prozent der geltenden Betriebsvereinbarungen wurden bis zum Abschluss des Projektes gekündigt.
Gründung einer Transfergesellschaft und kommunikative Begleitung
Auf Empfehlung der Interim Managerin entschied sich das Unternehmen außerdem, eine Transfergesellschaft zu gründen. Mit der staatlichen Förderung der freigesetzten Mitarbeiter gelang es, das Manko der fehlenden Abfindungen abzufedern. Die Gründung schützte das Unternehmen gleichzeitig vor kostenintensiven Kündigungsschutzklagen.
Um sicherzustellen, dass möglichst viele der vom Personalabbau betroffenen Mitarbeiter die Aufhebungsvereinbarung zum Übergang in die Transfergesellschaft unterschrieben, gestaltete die Interim Managerin einen Kommunikationsmix. Dieser Mix beinhaltete gezielte Informationen im Rahmen einer Betriebsversammlung sowie von Abteilungsversammlungen. Daneben führten vor allem die Führungskräfte und HR-Mitarbeiter viele persönliche Gespräche. Der Betriebsrat, die Betreiber der Transfergesellschaft sowie eine externe Rentenberatung standen den Mitarbeitern außerdem zur Seite. Auf diese Weise gelang es, einerseits individuelle Informationsbedürfnisse zu befriedigen und andererseits der Wertschätzung für die Mitarbeiter Ausdruck zu verleihen.
Transfergesellschaft und Gehaltsreduzierung retten das Unternehmen
Nach Monaten intensiver Zusammenarbeit, mit Einführung von Kurzarbeit, der Planinsolvenz, Integration einer externen Insolvenzberatungsgesellschaft und Due Diligences für potenzielle Investoren, konnten Interessensausgleich mit Namensliste, Sozialplan und Betriebsvereinbarung zur Gründung einer Transfergesellschaft mit dem Betriebsrat abgeschlossen werden. Innerhalb der Frist von einer Woche nach der Betriebsversammlung als Kick-off hatten 96 Prozent aller betroffenen Mitarbeiter das Angebot zum Übergang in eine Transfergesellschaft freiwillig unterschrieben. 94 Prozent der verbleibenden Mitarbeiter unterschrieben die Vereinbarung zur individuellen Gehaltsreduzierung.
Nach 12 Monaten das Unternehmen in seinem Kern gerettet: Es wurde von einem neuen Investor, einem Mitbewerber im Markt, gekauft.