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Wie kann man den Wertbeitrag des Einkaufs nachhaltig steigern?

Der Einkauf leistet einen wesentlichen Wertbeitrag zum Geschäftsergebnis – vorausgesetzt, er nimmt seine strategische Rolle ernst. Aber wie entwickelt man den Einkaufsbereich in diese Richtung weiter? Unser Einkaufsexperte weiß Rat.

Wie steigert man dauerhaft den Wertbeitrag des Einkaufs?

Der Einkaufsbereich kann – unter bestimmten Voraussetzungen – ganz wesentlich zu einem präzise messbaren positiven Geschäftsergebnis beitragen.

Das eröffnet neue Möglichkeiten:

Er bekommt dadurch Zugang zum Top-Management. Denn die CFOs aller Unternehmen müssen mit Faktoren rechnen, die die G+V, die Gewinn- und Verlustrechnung, beeinflussen – umso mehr, wenn es um hohe monetären Werte auf der Ausgabenseite der Bilanzen geht.

Und der Einkauf wird so zu einem der wichtigsten strategischen Partner der Fachbereiche entlang der Supply Chain.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich der Einkaufsbereich in einem hohen Entwicklungs- und Reifegrad befindet.

Doch wie sieht die Realität in vielen Betrieben aus?

Noch heute sind viele Einkaufsabteilungen reine Sourcing- und Bestellabwickler – ohne Management-Aufgaben oder strategische Ausrichtung. Sie firmieren daher unter Titeln wie Operativer Einkauf oder Purchasing, zuweilen auch unter Strategischer Einkauf oder Procurement, wenn die Unternehmensleitung ambitionierter Ziele für den Einkauf vorgesehen haben sollte. Doch Vorsicht: Nicht überall, wo strategisch draufsteht, ist auch Einkaufsmanagement drin!

Hinzu kommt, dass man im Zuge der Digitalisierung die rein administrativen und operativen Einkaufstätigkeiten im Beschaffungsprozess mehr und mehr automatisieren oder zumindest auslagern kann. Die Potenziale für Kostenreduktionen und Savings sind im bloß operativen Einkauf von B- und C-Materialien ohnehin gering und der Einfluss auf EBIT sowie die Prozess- und Kosteneffizienz nicht ausschlaggebend.

Den Reifegrad der Einkaufsabteilung erhöhen

Grundsätzlich gilt: Kostenoptimierung ist ein Dauerlauf - kein Sprint. Der Einfluss eines hochentwickelten und schlagkräftigen strategischen Einkaufs auf den Unternehmenserfolg ist um ein Vielfaches höher als schnelle Kostensenkungen.

Denn die Versuche, Preise kurzfristig zu drücken, laufen immer mehr ins Leere. Schließlich haben die Lieferanten auf der anderen Seite schon lange dazugelernt und wissen entsprechend darauf zu reagieren.

Worauf es ankommt, sind vielmehr strategisches Handeln und eine bessere Ausschöpfung crossfunktionaler Synergien entlang der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Das Herz einer schlagkräftigen Einkaufsorganisation ist dabei die Warengruppenstrategie, insbesondere in Gestalt des Warengruppenmanagements bzw. strategischen Category Managements.

Eine solche Strategie lässt sich in den folgenden sechs Schritten entwickeln:

  1. Den angreifbaren Spend ermitteln
  2. Mögliche Einkaufshebel spezifizieren
  3. Stakeholder ermitteln
  4. Die konkretisierten Potenziale validieren
  5. Die Einkaufshebel finalisieren
  6. Projekt- und Maßnahmenpläne erstellen

Aber davor möchte ich auf zwei Voraussetzung eingehen, die meiner Erfahrung nach für die Umsetzung einer Warengruppenstrategie essenziell sind.

Zwei Voraussetzungen für die Umsetzung einer Warengruppenstrategie

Die erste Voraussetzung ist, den strategischen Einkauf frühzeitig so mit den jährlichen Budgetzahlen der Fachbereiche vertraut zu machen, dass er die beiden entscheidenden Fragen beantworten kann, nämlich:

  1. Wofür wird im kommenden Geschäftsjahr Geld ausgegeben?
  2. Und welche Teile der Budgets sind nicht an laufende Rahmenverträge gebunden, sondern sozusagen angreifbar?

Ein Spend Cube für die fünf Ws des Einkaufs

Die Umsetzung einer Warengruppenstrategie setzt zum anderen Transparenz über die Ausgaben innerhalb der einzelnen Warengruppen voraus – am besten in Form eines Spend Cubes, der die sog. fünf Ws des Einkaufs beantwortet:

Wer kauft was, wann, von wem, zu welchem Preis?

Die Beschaffung dieser Informationen ist Sache des Controllings. Dabei sollten die Informationen so aufbereitet sein, dass sich die Warengruppenstrategie steuern und über Härtegradentwicklungen – vom HG 1 („Potenzial abschätzen“) bis hin zum HG 5 („Wirksamkeit von Maßnahmen“) – abbilden lassen.

Schließlich wird das Einkaufscontrolling erst so zu einer funktionsfähigen Schnittstelle zum Management. Denn Potenziale im hohen Härtegrad haben entsprechend hohen Einfluss auf das Betriebsergebnis – was diese Informationen für den CFO relevant machen.

Die Warengruppenstrategie: in sechs Schritten von der Kostentransparenz zur Umsetzung

Einer Warengruppenstrategie lässt sich grob in sechs Schritten entwickeln. Ich würde aber empfehlen, dabei im Blick zu behalten, dass man eine solche Strategie – aller Voraussicht nach – nicht nach der Wasserfall-Methode wird umsetzen können. Bei der Entwicklung sollte man daher genügend Raum für Flexibilität einzuplanen.

1. Den angreifbaren Spend ermitteln

Durch die Ermittlung des angreifbaren Spends, verschafft man sich eine erste Ausgabentransparenz je Warengruppe. Diese Ausgabentransparenz bildet dann die Basis für die Formulierung erster Ideen für mögliche Einkaufshebel und deren Priorisierung – und wird so zum Ausgangspunkt für die Entwicklung einer effektiven Warengruppenstrategie.

2. Mögliche Einkaufshebel spezifizieren

Der zweite Schritt besteht darin, die eben formulierten Ideen für mögliche Einkaufshebel weiter zu spezifizieren. Die Daten dafür können z.B. aus Marktanalysen oder der Bewertung von Preis-Leistungsverhältnissen stammen. Die weitere Spezifizierung möglicher Einkaufshebel erlaubt zudem eine erste Einschätzung zu den Savingspotenzialen. Diese werden dann in einem niedrigen Härtegrad dokumentiert.

3. Stakeholder ermitteln

Die crossfunktionale Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen ist unabdingbar, denn der fachliche Input seitens der Fachexperten ist absolut notwendig, um Strategie und Drehbuch für die späteren Verhandlungen mit den Lieferanten zu entwickeln – etwa weil Fristen existieren, die frühzeitig zu beachten wären, oder andere vertragliche Restriktionen. Deshalb sind alle Stakeholder zu ermitteln, um Informationen dieser Art austauschen zu können.

4. Konkretisierte Potenziale validieren

Die konkretisierten Potenziale werden im vierten Schritt validiert und dokumentiert. Der Unterschied zur Dokumentation etwaiger Savingspotenziale im zweiten Schritt besteht darin, dass die Dokumentation in einem fortlaufenden und höheren Härtegrad stattfindet: In Betracht kommen jetzt nicht mehr nur reine Kostensenkungen, sondern eine Reduzierung der Lieferantenanzahl, Respezifikationen von Produkten, eine Senkung des Design-to-Cost, Make-or-Buy-Entscheidungen und vieles andere mehr. Tatsächlich lassen sich rund 45 kurz- und langfristige Einkaufshebel unterscheiden. Nicht alle haben indes direkte Einsparungen zum Ziel. Einige zielen auf langfristige Maßnahmen ab, die die Kosteneffizienz von Strukturen und Prozessen betreffen.

5. Einkaufshebel finalisieren

In diesem Schritt werden die Einkaufshebel finalisiert und so die Ausformulierung der Projekt- und Maßnahmenpläne vorbereitet. Aus der Finalisierung der Ziele und Hebel, die mit den Fachbereichen abgestimmt sein muss, lässt sich eine klare Verhandlungsstrategie ableiten. Sollte es sich dagegen bei den Zielen um eher langfristige Vorhaben handeln – zu denken wäre etwa an Produkt-Respezifikationen oder auch an Optimierungen in der Gesamtbeschaffungskette – so ließen sich aus der Finalisierung der Einkaufshebel auch das weitere Vorgehen konkretisieren. Wichtig ist auch hier, dass die Projektbeteiligten aller Fachbereichen mit einbezogen werden.

6. Projekt- und Maßnahmenpläne erstellen

Im sechsten und letzten Schritt werden die Projekt- und Maßnahmenpläne sowie die einzelnen Arbeitspakete abschließend ausformuliert. Eine Möglichkeit, die Verantwortlichen aller Fachbereiche dabei mit einzubeziehen, ist z.B. die Bildung eines Entscheidungsgremiums, in dem die Stakeholder Entscheidungsvorlagen zur Freigabe und Priorisierung der Maßnahmen bekommen. Es wird jedenfalls Sache des Einkaufscontrollings sein, die Umsetzung zu begleiten und dann in weiteren und höheren Härtegraden den Einkaufs- und Verhandlungserfolg zu dokumentieren.

Fazit: Mit der Warengruppenstrategie den Wertbeitrag des Einkaufs steigern

Der stärkste Hebel, um den Wertbeitrag des Einkaufs zu steigern, ist meiner Erfahrung nach eine die Kosteneffizienz erhöhende Warengruppenstrategie.
Eine solche Strategie setzt voraus

  1. Eine funktionsübergreifende Zusammenarbeit unter den Vorzeichen einer klaren strategischen Zielsetzung. Moderne Einkaufsabteilungen dürfen keine einsamen Inseln sein. Sie sollten sich entlang der Wertschöpfungskette geschickt als strategische Partner platzieren. Soft Skills der Einkäufer sowie deren Fähigkeit, strategische Projekte zu managen, sind dafür absolut notwendig.
  2. Fachübergreifende Teams, regelmäßig zusammenkommen, um die Umsetzung der Warengruppenstrategie zu begleiten und zu steuern. Entlang einer Härtegradsystematik können diese Teams zudem Potenziale für Einsparungen identifizieren, die für den CFO bzw. das Management der Finance-Abteilung relevant sind.
  3. Die frühzeitige Einbindung aktueller sowie künftiger Lieferanten, je nachdem, welche strategischen Einkaufshebel gerade angedacht sind.
  4. Eine auf Dauer angelegte Implementierung. Denn nur solche Warenstrategien, geben Gelegenheit, die Dinge jedes Geschäftsjahr neu zu bewerten: Unterliegen doch die Markt- und Geschäftsbedingungen – und somit auch die damit einhergehenden Kostenrisiken – einer fortlaufenden Veränderung.