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Agiles Marketing

Mit Scrum-Sprints schneller von der Idee zur Kampagne

von Charly Kahle am
Mit Scrum-Sprints schneller von der Idee zur Kampagne

Effektivität und Effizienz von Marketing-Abteilungen sind – gerade in diesen Zeiten auf dem Radar der Marketing-Verantwortlichen. Wie bei anderen kreativen Arbeiten ist es schwierig, im Marketing die Zeit zu definieren, die nötig wäre, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Die Orientierung an agilen Arbeitsprinzipien – wie Scrum – ist ein Lösungsweg. Scrum-Sprints im Marketing ermöglichen eine effiziente und effektive Kampagnen-Entwicklung.

Agile Marketing – einige Player zeigen: Es geht doch!

Eine Bestätigung für die Möglichkeit des agilen Marketings sind Player, die in Marketing oder Growth Hacking agiler Arbeitsprinzipien bedienen. Dazu gehören:

  • ThinkTanks der Automotives
  • Werbeagenturen
  • Start-ups – wenn sie sich in Marketing und Kommunikation auskennen
  • Kleine und große Unternehmen – die offen sind für Veränderungen, sei es aus ihrer Kultur heraus und/oder mit großem „Pain“, der echte Veränderun erfordert

Also: Agiles Marketing ist möglich. Und wird auch schon gemacht. Aber wie könnte das ausschauen?,  werden sich selbst viele Marketing-Profis fragen.

Agile Marketing lehnt sich an Lean Marketing an

Agile Marketing bedient sich beim Lean Marketing. Das Grundkonzept ist in der Veröffentlichung „Warum Lean Marketing nicht nur etwas für Startups ist“ wunderbar beschrieben. Die Konzepte von USP (Unique Value Proposition), MVP (Minimal Viable Product), Problem-Solution Fit oder Product-Market-Fit können alle im Agile Marketing erfolgreich angewendet werden. Es gibt hier keinen Widerspruch zum klassischen Marketing-Set-Up. Aber nicht nur diese Konzepte können im Marketing angewendet werden. Ähnlich verhält es sich mit den Konzeptelementen aus agilen Arbeitsprinzipien wie zum Beispiel Scrum.

Warum sollte Scrum im Marketing nicht funktionieren?

Wer im IT-Bereich arbeitet, ist sicherlich mit dem Konzept der Sprints aus Scrum vertraut. Scrum ist ursprünglich ein Vorgehensmodell des Projekt- und Produktmanagements zur agilen Softwareentwicklung. Scrum bietet die Möglichkeit, Produkte mit einer hohen Veränderungsrate von Anforderungen sowie einer Vielzahl von am Entstehungsprozess Beteiligten in guter Qualität und einem definierten Zeitrahmen erfolgreich aufs Parkett zu bringen.


Warum soll das nicht im Marketing funktionieren? Man denke an eine Multi-Channel-Kampagne zur Einführung einer neuen Automobil-Baureihe auf klassischen und digitalen Kanälen. Die Anforderungen sind perfekt für Scrum:

  • Laufend kommen neue Kanäle à la TikTok oder ganze Kommunikationsgattungen hinzu, wie z.B. Reputation Management, die die Komplexität erhöhen
  • Ständig steigt die Anzahl der Firmen und Fachpartner, die zu koordinieren sind
  • Qualität ist immer ein Thema, sonst dringt man nicht zum Kunden durch
  • und der Mediaplan droht mit ersten Live-Dates

Das bringt die Aufbauorganisation von Marketing-Abteilungen (gerne Matrix) - mit ihren Berichtslinien (solid- und dotted lines) und RACI-Charts ohnehin schon mehr als gefordert – häufig an die Belastungsgrenze.

Scrum-Sprints im Marketing

Der Sprint ist in Scrum als Ereignis mit einem festen Zeitintervall definiert. Beim Sprint konzentrieren sich ein oder mehrere koordinierte Teams (in der Terminologie von Scrum: „Squads“) auf Konzeption und Produktion eines Liefergegenstandes innerhalb eines festen Zeitintervalls.

Eine Social-Media-Kampagne mit Srum in einer Woche erstellen

Auch die Konzeption und Umsetzung von Kampagnen-Teilen wie einer Social Media-Kampagne als Teil der Dachkampagne sind für agiles Marketing geeignet. Wer mehrere Squads auf ein gemeinsames Ziel ansetzen kann, kann größere Projekte stemmen.

Im Marketing kann das Sprint-Prinzip in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden. Das sind beispielsweise

  • Produktentwicklung
  • Entwicklung einer kreativen Grundidee (Kampagnenidee)
  • Feinkonzeptionen: Umsetzung der kreativen Grundidee für die Kanäle
  • Grafische Prozesse und Design
  • UX- und CX-Design
  • Bereitstellung von Infrastruktur
  • Recherchen und Studien als Basisarbeit

Beispiele für Marketing-Kampagnen, die für einwöchige Marketing-Sprints geeignet sind:

  • SEA-Kampagnen (z.B. Google Ads) als Teil einer übergeordneten Kampagne
  • Facebook Ads-Kampagnen
  • Social Media-Kampagnen
  • Influencer Marketing-Kampagnen
  • Aufbau von Landingpages in Verbindung mit einer oder mehreren der oben genannten Aktivitäten

Leitfaden für agiles Marketing

Dieser Leitfaden soll von 4 Sprint-Tagen ausgehen. Jedem Sprint-Tag ist ein bestimmtes Ziel, ein Prozess und ein gewünschtes Ergebnis zugeordnet, mit dem der Tag abgeschlossen wird. Dabei lautet das Credo für die Kampagnenentwicklung: Konzentration auf das Wesentliche. Oder - wie Smart bei der Einführung der Automarke sagte: rttm – reduce to the max. Das heißt:

  • 1 Projekt für das Team
  • 1 Kommunikationsziel
  • 1 kreatives Dachkonzept / Kampagnenidee / Leitmotiv
  • 1 Feinkonzept für den jeweiligen Marketingkanal abgeleitet aus dem Dachkonzept
  • 1 Woche Zeitbudget für Konzeption und Umsetzung
     

Der Zwang zur Wahl ist hier ein Schlüssel zum Erfolg. Das ermöglicht es dem Team, die Aufmerksamkeit auf eine Tätigkeit und ein Ziel zu lenken. Der genaue Ablauf des Arbeitstages hängt sehr stark vom Ziel und Charakter der Kampagne ab. Er wird bei der Arbeit an einer Newsletter-Kampagne mit Conversion-Ziel deutlich anders aussehen als bei einer Reputation-Management-Kampagne. Die grundsätzlichen Annahmen für die Sprint-Tage bleiben davon unberührt. So schaut das aus – von Montag bis Donnerstag:

Tag 1: Montag – der Strategie- und Research-Tag

Die Ergebnisse des ersten Tages sind die Grundlage für den Marketingplan, das kreative Dachkonzept und die Produktion der notwendigen Marketing-Assets. Oberste Priorität hat die Definition eines gut definierten Kampagnenziels, die Auswahl der Zielgruppe und die Beschreibung der Persona. Daran richten sich die Marketingaktivitäten innerhalb dieses Tages aus. Auf dieser Grundlage kann sich das Team konzeptionelle Gedanken über die Kampagne machen:

  • Kreative Grundidee / das Leitmotiv, das die Persona erreichen soll
  • Grafische Umsetzung, das dem Erscheinungsbild der Kampagne am besten entspricht
  • Marketingkanäle, die von den Persona genutzt werden
  • Asset-Formate (z.B. Video, Text, Visual, E-Mail usw.), mit denen die Zielgruppe über den ausgewählten Marketingkanal effektiv erreicht wird
     

Am ersten Tag entsteht außerdem ein detaillierter Plan für die folgenden Sprint-Tage. Wie detailliert? Er sollte alle Aufgaben enthalten, die während der verbleibenden Sprint-Tage erledigt werden müssen. Jede Aufgabe wird mit Ziel und Ergebnis definiert, enthält einen Aufruf zum Handeln und nennt die verantwortliche Person. Die Reihenfolge der Aufgaben ist klar definiert und in einem Plan mit Fristen (Tag, Tageszeit und/oder Uhrzeit) priorisiert.

Zur Verdeutlichung soll ein konkretes Fallbeispiel dienen - die Erstellung einer Facebook Lead Ads Kampagne. Am Strategie- und Research-Tag fielen unter die Aktivitäten z.B. die Auswahl der Kampagnentypen, die Bestimmung der Zielgruppe und die Mediaplanung.


Tag 2: Dienstag – Let’s do it: Konzeption & Produktion der Assets

Am zweiten Tag – dem Dienstag – konzentrieren sich alle Mitglieder des Teams darauf, alle Materialien zu erstellen und zu sammeln, die in den folgenden Tagen erforderlich sind. Dabei ist nicht nur die Rede von den üblichen Assets wie Grafiken, Visuals und Texten. Sondern auch von Accounts, Datenbanken, Vorlagen für die zu bespielenden Kanäle, Checklisten, Listen von Stakeholdern die eingebunden werden müssen, verfügbare Tools, Test-Designs usw. Eben alles, was zum Testen und zur Ausführung der Marketing-Kampagne notwendig ist. Bilder, Visuals und Grafiken sollten einfach, plakativ und klar sein. Sie sollten in erster Linie der Zielgruppe entsprechen. Und über ausreichend Tragfähigkeit für die definierten Kanäle verfügen.

All die gesammelten Assets sollen in die Form eines Konzepts gebracht und so strukturiert werden, dass das Ganze anwendbar ist.  Alle Materialien, die sich aus dem Marketingplan ergeben, sollten vorbereitet werden. Wenn der Marketingplan auch die Kommunikation mit den Verantwortlichen der Medien/Kanäle beinhaltet, müssen diese bereits an diesem Tag vorgewarnt werden.

Im Praxisbeispiel der Facebook Lead Ads Kampagne wäre ein Outcome dieses Sprint-Tages z.B. die kreative Grundidee und die Feinkonzeption der Ads (Text, Bild, Video). Aber auch der Aufbau der Ads und die Einrichtung der nötigen Accounts fallen in diesen Abschnitt.

Tag 3: Mittwoch – Testtag

Die Tests entscheiden über die tatsächliche Anwendbarkeit des zuvor produzierten Konzepts. Die Auswahl der Marketingkanäle, das Grafikformat, die Posts, die gewünschten Interaktionen und vielem mehr wird hier auf den Prüfstand gestellt. Tests vor dem Start der Kampagne maximieren das Resultat der Kampagne und reduzieren das Risiko. Erstaunlicherweise werden Tests von Firmen jeder Größe noch immer in ihrer Bedeutung unterschätzt. Budget- und Zeitgründe werden am häufigsten für den Verzicht vorgeschoben.

Bei diesem Konzept des Marketing-Sprints sollte das Gegenteil der Fall sein: Denn ein Sprint ist dynamisch. Tests und interaktive Anpassungen einer Kampagne sind unbedingt notwendig. Sie verbessern die Ergebnisse in dem eng getakteten Zeitrahmen und der dichten Atmosphäre. Tests steigern den Output der Kampagne und darüber hinaus ermöglichen sie auch eine Optimierung des Kampagnenprozesses an sich.

Was sollte man testen? Zum Beispiel Grafik- und Text-Assets, die Eignung der Marketingkanäle, Claims und Taglines. Zu bevorzugen sind Analyse-Tools, die in Echtzeit Informationen über die Wirksamkeit von Aktionen liefern. Google Analytics liefert z.B. einige Daten nach 3 h, andere Daten werden erst nach 24h aktualisiert. Es lohnt sich, dies bei der Planung von Tests zu berücksichtigen.

Am Ende des Testtages sollte das Team eine Entscheidung über das endgültige Aussehen der Kampagne und die eingesetzten Assets treffen.

Im Beispiel der Facebook Lead Ads Kampagne bestünde diese Evaluation beispielsweise aus der Preview, diversen Anwendungstests, einem UX-Test, dem Fine-Tuning der Kampagne auf der Basis dieser Tests und letztendlich der Freigabe zum Live-Gang.

Tag 4: Donnerstag: Launch-Day – Tag der Wahrheit

Das Ziel dieses Tages ist es, eine Dynamik für die Kampagne im Team zu schaffen und die Zielpersonen mit der Botschaft zu erreichen. Dieser Tag beginnt für das Team normalerweise früh. Das liegt daran, dass alles für die höchste morgendliche Reichweite bereit sein sollte.

Nachdem die Kampagne gestartet ist, gehört der Fuß aufs Gaspedal. Die Kampagne muss so lange laufen, bis ein ordentliches Momentum erreicht ist. Alle Gelegenheiten und Anlässe sollten genutzt werden, um interessante Inhalte zu schaffen (z.B. intensive Diskussionen mit Nutzern, interessante Zitate aus den Medien) und einen Hype um die Kampagne zu erzeugen.

Das kreative Potential der Konzeptionsphase soll ausgeschöpft werden und im Laufe der Kampagne sollte die Kampagne mit Aktivitäten und neuen Ideen erweitert werden, die sich aus dem Verlauf und dem Test der Kampagne ergeben. Der maximale Schwung der Kampagne ergibt sich normalerweise erst im zweiten Teil des Tages. Das ganze Team sollte für diese zweite Tageshälfte zur Verfügung stehen und die Dynamik der Kampagne weiter verstärken.

Im Fallbeispiel ginge an diesem Tag die Kampagne an den Start, es würden erste Ergebnisse durch Monitoring erfasst und gegenüber dem Management dokumentiert. Durch A/B Testing ließe sich hier z.B. überprüfen, welche konzipierten Inhalte nach Kampagnenstart erfolgreicher beim Endkunden funktionieren und wo nochmal Anpassungen nötig wären. Als weiteres Beispiel: Beim Start der Kampagne ergibt sich möglicherweise, dass die Lead Ads nicht so effektiv wie geplant waren. Also wird die Kampagne angepasst und man fokussiert sich auf einen neuen Lead Typ. Dies funktioniert nur im laufenden Betrieb durch eine stetige, dynamische Anpassung.

Freitage sind als Live-Gang nicht geeignet. Bei nötigen Bugfixes entsteht natürlicher Verzug von zwei Tagen über das Wochenende. Geschieht der Launch am Donnerstag, lassen sich noch vor dem Wochenende bereits erste Überarbeitungen nach Kampagnenstart vornehmen.

Agiles Marketing mit Scrum im Fazit

  • Agiles Marketing ist ein wunderbarer Weg von alten Organisationen zu modernem Multi-Channel Marketing.
  • Prinzipien von Scrum lassen völlig Neues entstehen.
  • Marketing-Sprints ermöglichen große Benefits möglich: Ergebnisse lassen sich schneller, günstiger und verlässlicher erreichen.
  • Aber: Man braucht, Mut um alles neu auszuprobieren.

di-Compact: Der Blog

An wen richtet sich dieser Blog? An Unternehmen, Interim Manager:innen und alle, die Neuigkeiten und Hintergründe zum Thema Interim Management erfahren wollen.

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Wer schreibt? Das Experten- und Content-Team der Deutschen Interim AG rund um Tilo Ferrari. Wir behalten für Sie den Markt im Blick, greifen aktuelle Trends auf und wagen einen Blick über den Tellerrand – mit dem Ziel, Sie nicht nur zu informieren, sondern auch einen lebhaften Austausch zu beginnen.

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Der Autor ist seit 2003 als Interim Manager und Consultant im Digital Marketing tätig. Der mehrfach ausgezeichnete Marketing-Fachmann und zertifizierte Scrum-Master verfügt über langjährige Erfahrung im Bereich der Digitalen Transformation. Sein Know-how kombiniert klassisches Markenmanagement und Digital Marketing – mit Fokus auf Unternehmen im Finanz- und Automotive-Sektor.

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