Wie kann man als Maschinenbauer ein globales Servicenetzwerk aufbauen?
Mit dem Aufbau eines globalen Service Footprints können sich Maschinenbauer von ihren Wettbewerbern deutlich abheben. Doch der Teufel steckt wie immer im Detail. Welche Weichen zu stellen sind, erklärt unser Experte für Investitionsgüter.
Die Wettbewerbsdruck nimmt im Maschinenbau weltweit zu. Zwar steht Deutschland noch insgesamt sehr gut da. So stieg etwa der Exportwert deutscher Maschinen und Anlagen zwischen 2000 und 2020 um den Faktor 2,5 von 87,4 Mrd. US-Dollar auf über 223 Mrd. US-Dollar.
Andererseits lässt sich nicht übersehen, dass sich der globale Wettbewerb verschärft. Ein Beispiel: China 2020 hat Deutschland erstmals als Exportweltmeister abgelöst. In diesem Jahre erreichten deutsche Maschinenbauer zwar noch einen Anteil am Weltexport von 13 Prozent, die chinesische Konkurrenz dagegen schon einen Prozentpunkt mehr.
China kann insbesondere beim Export von Hochtechnologie punkten. Von 2000 bis 2020 ist der chinesische Marktanteil von 3,6 auf 23,8 um krasse 23 Prozent gestiegen. Im gleichen Zeitraum ist der Anteil deutscher Maschinen- und Anlagenbauer mit einem Rückgang von 1,1 Prozent auf 5,6 Prozent zwar weniger stark als der der USA oder Japan gesunken, die einen Rückgang um 12 bzw. 7 Prozent hinnehmen mussten.
Dennoch stellt sich die Frage:
Wie kann man sich im globalen Wettbewerb einen Vorteil verschaffen?
Klar ist, dass Maschinenbauer aus Deutschland den Wettbewerb gegen Konkurrenten nicht auf Basis der Kosten führen können: Seit 1990 ist der Erzeugerpreisindexwert für deutsche Maschinen und Anlagen kontinuierlich gestiegen, allein seit 2015 um 17,5 Prozent.
Dieser Trend dürfte sich verfestigen. Der PwC Maschinenbau Barometer Q4 2022 hält fest, dass der weiter steigende Kostendruck für 80 Prozent der Befragten – neben dem Fachkräftemangel – das größte Wachstumshindernis ist – und das, obwohl im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine fast zwei Drittel bereits Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz umgesetzt haben.
Eigenes Servicenetzwerk als Wettbewerbsvorteil
Einen Ausweg bietet der Ausbau innovativer, produktbegleitender Services. Eine solche Strategie hat viele Vorteile:
- Sie erschließt weitere Einkommensquellen. Jedes Produkt lässt sich nur einmal verkaufen. Aber auf jedes verkaufte Auto kommen ca. 13, die bereits in Fahrt sind, auf jede neue Eisenbahn ca. 22, die schon auf den Schienen rollen, und auf jedes neue Flugzeug ca. 15, die bereits fliegen. Und an all diesen lässt sich im After Sales Geld verdienen.
- Sie führt zu Umsatzsteigerung. Schließlich lassen sich mit einem Servicenetzwerk entlang des gesamten Produktzyklus‘ Erlöse erwirtschaften.
- Sie erhöht die Kundenbindung an das Unternehmen. Als Teil einer entschlossene Optimierung des Kundenerlebnisses stellt ein Servicenetzwerk Leistungen bereit, die Kunden brauchen – wo und wann auch immer das nötig sein sollte. Und aus zufriedenen Kunden werden loyale Kunden.
- Sie verbessert Ihr Marketing. Indem Sie sich von Ihrer Konkurrenz abheben, verbessert sich ihre Marke. Und das zieht Neukunden an.
Um Nutzen aus einer solchen Servicestrategie zu ziehen, kommt man aber um den Aufbau eines eigenen weltweiten Servicenetzwerks nicht umhin. Denn nur ein solches Netzwerk stellt die geographische Nähe der angebotenen Lösungen zur eigenen Installed Base sicher. Und nur mit einem globalen Footprint wird man vom Kunden als wettbewerbsfähiger Service-Anbieter erkannt.
Wie geht man also dabei vor?
1. Die Installed Base in geografische Cluster einteilen
Um ein Service-Netzwerk aufzubauen, muss zunächst die Standorte der Installed Base, also der installierten Maschinen und Anlagen, in zweckmäßige geografische Cluster eingeteilt werden. Attraktives Service-Leistungen lassen sich ja nur anbieten, wenn sich die Standorte des Service-Netzwerks in der Nähe der installierten Basis befinden.
Sind die eigenen Maschinen ortsfest und an festen Standorten installiert, ist die Planung eines eigenen Service-Netzwerkes relativ einfach durchzuführen.
Moving Objects machen Planung schwieriger
Handelt es sich bei den eigenen Maschinen dagegen um sogenannte Moving Objects – etwa Nutzfahrzeuge, Mobilkrane, Baumaschinen, Landmaschinen, Schiffe etc. – oder sind die eigenen Maschinen auf solchen Moving Objects installiert, gestaltet sich die Planung eines eigenen Service-Netzwerkes komplizierter.
Denn in diesem Fall müssen die Bewegungsprofile der Installed Base ermittelt werden.
2. Die Cluster nach ihrem Service-Potenzial bewerten
Nicht überall wird sich die Einrichtung eines Service-Standorts lohnen. Interessante Cluster kann man über ihr jährliches monetäre Service-Potenzial identifizieren, wobei sich dieses Potenzial anhand der durchschnittlichen Jahreserlöse der installierten Maschinentypen abschätzen lässt.
Bei der Abschätzung der durchschnittlichen Erlöse sollte man die Betrachtungszeiträume so setzen, dass sie vorgeschriebene gesetzliche Überprüfungen umfassen. Größere Revisionsaufträge werden nämlich oftmals vor solchen Überprüfungen erteilt.
3. Die Route-to-Market planen
Sind die geographisch attraktiven Regionen und die theoretischen Erlöspotenziale ermittelt, ist die Frage des besten Set-Ups zu klären.
Zusammenarbeit mit Dritten kostengünstig, aber riskant
Die erste Entscheidung betrifft den Anbieter:
Soll der lokale Service von einem Dienstleister angeboten werden oder durch eine eigene Niederlassung?
Für die Zusammenarbeit mit einem Dienstleister spricht, dass sie eine gute Möglichkeit sind, relativ schnell und kostengünstig ein großes Service-Netzwerk aufzubauen.
Allerdings birgt eine solche Zusammenarbeit auch Risiken. Denn die Dienstleister von heute können im lokalen Service schnell die größten Wettbewerber von morgen sein.
Sollte man sich also für diese Option entscheiden, ist es wichtig, rechtzeitig – noch bevor das Tagesgeschäft anläuft – rote Linien zu definieren, etwa bezüglich des Technologie- und Knowhow-Transfers. Sonst riskiert man, dass es im Eifer des Tagesgeschäfts zu ungeplanten Transfers kommt. Und was einmal transferiert ist, wird sich kaum mehr zurückholen lassen.
Bei Neugründungen Vorschriften zum Markteintritt beachten
Hat man sich dagegen für die eigene Niederlassung entschieden hat, stellt sich im Anschluss daran eine zweite Frage:
Soll man die Niederlassung als Eigengründung oder durch Akquisitionen aufbauen?
Die Gründung einer eigenen Niederlassung lässt einem viel Gestaltungsraum. Die Kehrseite ist aber, dass beim Eintritt in Auslandsmärkte u.U. besondere gesetzliche Vorschriften zu beachten sind. Dazu zählen etwa die Erfordernis eines lokalen Sponsors, Local Content-Vorschriften, aber auch Regelungen, die speziell Joint Ventures bzw. Wholly Foreign Owned Enterprises betreffen.
Akquisitionen als Alternative
Eine Alternative zur Gründung einer eigenen Niederlassung ist die Akquisition eines lokalen Service-Anbieters. Zu den Vorteilen einer Akquisition gehört, dass man relativ schnell Zugang zum lokalen Markt sowie den lokalen Fachkräften bekommt.
Andererseits haben lokale Service-Anbieter selten große Auftragsbestände oder große Anlagevermögen. Und das Know-how liegt nicht in etwaigen Patenten, sondern in den Mitarbeitern – und diesen können den neuen Inhaber jederzeit verlassen, wenn ihnen z.B. die Unternehmenskultur fremd ist.
Vor einer Akquisition ist es daher erfolgskritisch, eine durchdachte und belastbare „Deal Rationale“ zu haben. Sonst weiß man nicht, was genau man da eigentlich kauft.
4. Ersatzteile bevorraten
Kunden haben hohe Erwartungen an die sog. First-Pick-Availability, also die Verfügbarkeit eines Bauteils zum Zeitpunkt der Order, sowie an die Lieferzeiten.
Für den Service-Anbieter bedeutet dies eine anspruchsvolle Optimierungsaufgabe, die zwischen geographischen Lagerorten, Ersatzteilbeständen und Lieferkosten den besten Ausgleich sucht.
Ersatzteile sollten dabei priorisiert werden. Denn diese sind oft die profitabelsten Produkte eines Maschinenbauunternehmens.
Die Lösung dieser Aufgabe für das Servicegeschäft jedenfalls oft erfolgskritisch.
Fazit: Der Aufbau eines Servicenetzwerks verschafft Maschinenbauern einen Wettbewerbsvorteil
Der Wettbewerbsdruck im Maschinenbau ist hoch. Unternehmen können sich aber mit dem Aufbau eines eigenen Servicenetzwerks Wettbewerbsvorteile verschaffen. Ein globaler Service Footprint
- steigert die Markenwahrnehmung,
- stärkt die Kundenloyalität,
- erhöht Umsätze entlang des Produktzyklus‘ und
- erschließt neue Einkommensquellen.
Die wichtigsten Herausforderungen beim Aufbau eines solchen Angebots sind:
- die Potenzialanalyse der geografischen Regionen,
- die Entwicklung einer Route-to-Market-Strategie sowie
- die Optimierung des Verhältnisses zwischen Lieferkosten, Ersatzteilbeständen und den Lagerorten die Ersatzteile.