Wie kann man bei Marktveränderungen den Vertrieb neu aufsetzen?
In Krisen sparen Unternehmen oft als erstes am Vertrieb, nicht selten mit fatalen Folgen: Ist doch der Vertrieb die Speerspitze eines jeden Unternehmens. Klüger ist dagegen dessen Restrukturierung.
Wie setzt man bei Marktveränderungen den Vertrieb neu auf, um den Anschluss nicht zu verlieren?
Viele Unternehmen werden durch die immer schnelleren Marktveränderungen eiskalt überrascht. Neue, bis dato nicht bekannte Unternehmen tauchen aus dem Nichts auf und werden über Nacht zur Konkurrenz und das zum Teil in einem für als sicher geglaubten Marktumfeld bzw. in einer vermeintlich sicheren Nische.
Zu wenig wurden sich Gedanken über eine mittel- bis langfristige Strategie gemacht. Selten wurden sich die beiden wichtigsten Fragen gestellt:
- Mit welchen Produkten wollen wir in Zukunft unser Geld verdienen?
- Und welche Zielgruppe wollen wir damit erreichen?
In einer solchen Situation droht ein Unternehmen den Anschluss an die Konkurrenz zu verlieren.
Zu den Gegenmaßnahmen gehören dann oft – und zu Recht – die Reduktion von Kosten.
Gefährlich wird es aber, wenn auch der Vertrieb Einsparungen erleidet. Denn damit schneidet man sich ins eigene Fleisch: Schrumpft der Vertrieb, schrumpft in der Regel auch der Umsatz. Dadurch verliert das Unternehmen immer mehr den Spielraum, der für eine Neuausrichtung bitternötig ist.
Die noch vorhandenen Mittel sollten stattdessen eingesetzt werden, um den Vertrieb neu aufzusetzen. Das wird je nach Unternehmen anders ablaufen.
Aber meiner Erfahrung nach haben sich aber die folgenden fünf Schritte bewährt:
- eine klare Positionierung festzulegen,
- den Vertrieb zu systematisieren,
- das Vertriebsteam dauerhaft zu motivieren,
- neue Vertriebswege zu entwickeln und schließlich
- das Geschäft zu skalieren.
1. Eine klare Positionierung festlegen
Als erstes ist eine klare Positionierung festzulegen. Das hört sich einfach, womöglich banal an. Doch sollte man diesen Schritt nicht unterschätzen – vor allem wenn man die Formulierung einer mittel- bis langfristige Strategie versäumt hat.
Mit einer eindeutigen Positionierung gegenüber der Konkurrenz erreicht man zweierlei:
Einmal die Chance, im Wettbewerb zu bestehen und auch zu wachsen. Dazu muss ich aber ein klar definiertes Angebot mit einem USP haben. Der Kundennutzen muss hier deutlich im Vordergrund stehen: Nur wenn ich dem Kunden eine Lösung für sein Problem anbieten kann, werde ich mich gegenüber den Mitbewerbern absetzen und auch höhere Preise für meine Leistungen erzielen.
Eine eindeutige Positionierung hat zum anderen den Vorteil, dass ich mich auf meine Zielgruppe fokussieren kann und nur mit den Kunden zusammenarbeite, die mein Angebot schätzen und auch bereit sind für die angebotene Lösung einen angemessenen Preis zu zahlen.
2. Den Vertrieb systematisieren
Es ist erstaunlich, dass viele Unternehmen, egal welcher Art und Größe, keine systematischen Vertriebsprozesse bzw. Standards haben.
- Vielerorts herrscht Ahnungslosigkeit über die wahren Bedürfnisse der Kunden.
- Alternative Industrien und Regionen werden gar nicht bearbeitet und adressierbares Potential wird einfach liegengelassen.
Für Marktanalysen fehlen dann schlicht weg Kenntnis und Zeit.
- Eine Vorqualifizierung der Anfragen findet nicht statt und so werden unnötig Ressourcen, Zeit und Geld verschwendet.
- Viele Angebote werden immer wieder aufwendig von Neuem erstellt und im Nachhinein nicht weiterverfolgt.
Dabei ist es essenziell, die Vertriebsstruktur bzw. die Vertriebsorganisation systematisch aufzubauen, um die vorhandenen Kapazitäten optimal einzusetzen:
- Standardisieren Sie die Angebote so weit wie möglich.
- Qualifizieren Sie ihre Kunden vor: Ein Budgetangebot für ein Projekt als Indikator braucht nicht den gleichen Reifegrad wie eines, welches mit genehmigten Invest demnächst realisiert wird. Ein Key Account braucht eine andere Betreuung wie ein C-Kunde, der nur ab und zu bestellt.
- Nutzen sie Möglichkeiten moderner Tools zur Steuerung des Vertriebs mittels CRM und KPIs. Nur was ich messen kann, kann ich auch steuern.
Das gilt nicht nur für die eigene Mannschaft, sondern auch für Partner und Handelsvertreter, die ihre Produkte oder Dienstleistung verkaufen.
Mit den dadurch systematisch gewonnenen Daten bekommen Sie auch indirekt Aufschluss darüber, ob ihre Produkte und Dienstleistungen noch en Vogue sind.
3. Das Vertriebsteam dauerhaft motivieren
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird oft am Vertrieb gespart. Das klingt paradox, ist aber gelebte Realität. Gerade in schwierigen Zeiten ist der Vertrieb die Speerspitze eines jeden Unternehmens. Denn ohne Aufträge kann ich nichts produzieren und ohne Umsatz keinen Gewinn erzielen.
Das Vertriebsteam gilt es zu fördern und dauerhaft zu motivieren. Sei es durch
- monetäre Anreize,
- entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen oder
- Sonder-Incentives.
Besonders unter Druck kristallisieren sich drei Mitarbeiter-Charaktere hervor. Das sind die Outperformer, die Medium-Performer sowie die Low-Performer:
- Die Outperformer sind die, nach denen sich alles ausrichten sollte. Diese besitzen die Gewinnermentalität, und Gewinner haben in der Regel überdurchschnittlichen Erfolg. Deshalb sollten sie als Benchmark gelten.
- Die mittlere Gruppe, die auch die größte ist, lässt sich in den meisten Fällen weiterentwickeln und auf einen höheres Level, in die Nähe der Outperformer, bringen.
- Die Low-Performer lassen sich in der Regel weniger gut bzw. gar nicht entwickeln. Sie hinterfragen alles und stehen jeder Veränderung und Maßnahme nur kritisch gegenüber, ohne selbst Lösungen nennen zu können. Kann man diese Gruppe nicht weiterentwickeln, muss man entsprechende Konsequenzen wie Personalumbau oder schlimmstenfalls Personalabbau einleiten.
Eine wesentliche Rolle bei all dem spielt der Vertriebsleiter. Er hat eine Vorbildfunktion und muss in erster Linie gut kommunizieren, die Arbeit seiner Vertriebsmitarbeiter erleichtern, muss zuhören, das Gehörte ernst nehmen und mögliche Beschwerden als Verbesserungsvorschläge sehen.
Damit entwickelt er ein natürliches Verantwortungsgefühl des Einzelnen für die Gruppe, und die Interessen des Unternehmens werden mit denen seiner Mitarbeiter verbunden.
4. Neue Vertriebswege entwickeln
Wir alle kennen die klassischen Vertriebswege, die über die Jahre den Auftragseingang mehr oder weniger gesichert haben.
Doch seit ein paar Jahren (und verstärkt mit Einsetzen der Sars-CoV-2-Pandemie) hat sich gezeigt, dass die digitalen Vertriebskanäle immer mehr auf dem Vormarsch sind und weiter an Bedeutung gewinnen werden. Amazon und Co. machen es seit Jahren vor.
Jedes Unternehmen, egal in welcher Branche und mit welchem Produkt oder Dienstleistung, muss sich den digitalen Herausforderungen stellen. Das fängt
- mit Online-Marketing an, geht
- weiter über eine klar strukturierte Webseite bzw. Landingpage und hört
- beim Einsatz der Social Media-Kanäle wie Facebook, LinkedIn, Instagram etc.
noch lange nicht auf.
Diese Medien und digitalen Vertriebskanäle versprechen für das Unternehmen eine erhöhte Sichtbarkeit, und es werden Leads generiert, die sich in dem Maße so nicht erzielen lassen. Außerdem erlaubt der Einsatz dieser Tools die Ermittlung von Kennzahlen, die eine systematische Optimierung der Marketing- und Vertriebsaktivitäten erlauben. Das gilt für alle Bereiche im B2B- und B2C-Geschäft.
Dennoch wird der digitale Vertrieb nie die klassischen Vertriebskanäle komplett ersetzten. Es wird in Zukunft eine Mischung aus beiden sein, je nach Produkten und Zielgruppe.
5. Das Geschäft skalieren
Langfristig erfolgreich zu bleiben bedeutet, langfristig neue Kunden zu gewinnen. Ich muss mein Geschäft skalieren.
Skalieren heißt nichts anderes, als dass ich mein Geschäft auf Wachstum ausrichten muss.
Leider wollen viele Unternehmen nicht wachsen, sondern so bleiben wie sie sind. Man ist zufrieden mit dem Erreichten, weil Wachstum nur mit mehr Arbeit, Stress, Kosten etc. verbunden wird. Falsch! Wer nicht in seine Zukunft investiert und wächst, wird schnell von anderen überholt und vielleicht sogar ersetzt. Das geht schneller als man denkt.
Skalieren bedeutet auch das Ausbauen und Weiterentwickeln von Vertriebsteam und Kundenbetreuung.
Bauen Sie ihre Strukturen auf und nutzen Sie digitale Tools. Automatisieren und optimieren sie Ihre Prozesse so weit wie möglich, um sich die Freiräume zu schaffen, die Sie für die strategische Planung und zum Erreichen Ihrer Ziele für Ihr Unternehmen brauchen.
Auch hier gilt das Pareto-Prinzip: Perfektionismus ist fehl am Platz.